Der Kaiserschnitt
Früher verliefen schwere geburtshilfliche Operationen für die Mutter,
das Kind oder beide fast immer tödlich. Hatte die Gebärende ein zu
enges Becken, konnte sie mit dem Leben abschließen, obwohl man seit
Jahrhunderten den heute lebensrettenden Kaiserschnitt kannte.
Man wendete ihn früher nur an der bereits verstorbenen Mutter an, um
auf diese Weise zu versuchen, wenigstens das Kind zu retten.
Die Bezeichnung »Kaiserschnitt« soll angeblich mit der Geburt des
Kaisers Julius Cäsar (110—44 v.Chr.) zusammenhängen. Aber schon der
ältere Plinius weist darauf hin, dass der erste der Cäsaren nach dem
aufgeschnittenen Leib seiner Mutter benannt wurde (»caesus« =
»aufgeschnitten«). Das es sich um Gajus Julius Cäsar gehandelt hat, ist
aber unwahrscheinlich, weil dessen Mutter zur Zeit des galischen
Feldzuges noch gelebt hat und eine Schnittentbindung an der Lebenden in
jener Zeit nahezu ausgeschlossen werden kann.
Im 18. Jahrhundert wagte man bereits mehrfach den Kaiserschnitt an der
Lebenden. Allerdings konnte man von statistisch guten Ergebnissen auch
im 18. Jahrhundert noch nicht sprechen. Die Erfolgsquoten lagen nur bei
50%, und das blieb auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts so.
Heute, am Anfang des 21. Jahrhunderts, geraten Ärzte und Patienten in
Gefahr, leichtsinnig zu werden und sich auch dann zu einem
Kaiserschnitt zu entschließen, wenn keine gewissenhafte
Indikationsstellung vorliegt. Nach heutigen medizinstatistischen
Ergebnissen kommt schon jedes zehnte Kind auf diese Art zur Welt, eine
Situation, die selbst den Kliniken weder notwendig noch wünschenswert
erscheint.
Der jüngste Trend zur »natürlichen Geburt« beinhaltet auch die Abkehr
von einem »unnötigen« Kaiserschnitt, etwa aus modischen, kosmetischen
oder zeitlichen Gründen. Der »vorschnelle Griff zum Messer« mag
manchmal verlockend sein, gefährdet jedoch Mutter und Kind, nicht
allein aus physischen, sondern auch aus psychischen Gründen.